Bernard Millant und Le Canu-Millant, Paris: Geigenbau und Expertise

Über Bernard Millant, den renommierten Experten und großen Meister des Geigen- und Bogenbaus – und seine Nachfolger Loic und Verena Le Canu

Bernard Millant

Mit dem Bau seiner ersten Geige begann, im Alter von nur 13 Jahren, die Laufbahn des Pariser Geigen- und Bogenbauers Bernard Millant. Oder auch etwas früher, denn es ist anzunehmen, dass der 1929 geborene Sohn von Max Stanislas Millant und Suzanne Lardon seit früher Kindheit viel Zeit in der väterlichen Werkstatt verbrachte, wie es sich für den Sproß einer alten und hoch geachteten französischen Geigenbauer-Dynastie gehört. Die Wurzeln der Millants führen nach Mirecourt, wo sich die Familie von Bernard Millants Großvater Sébastien-Auguste Deroux schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts einen guten Ruf als Geigenbauer erworben hatte.

Übersicht:

So war es auch ein Aufbruch in die Familiengeschichte, als Bernard Millant 1946 seine Lehre bei Amédée Dieudonné in Mirecourt begann, wo er bis 1949 blieb und gleichzeitig in der Werkstatt der Brüder Morizot zum Bogenmacher ausgebildet wurde. Nach seiner Lehrzeit arbeitete Bernard Millant für Lazare Rudié in New York und kam dort in Kontakt mit Rembert Wurlitzer, eine Begegnung, die Millant die Tür zu seiner Laufbahn als Gutachter und Experte öffnete. 1950 kehrte er nach Frankreich zurück und machte sich im folgenden Jahr in der Pariser Rue de Rome 56 selbständig, nur wenige Häuser entfernt von der Werkstatt, die sein Vater Max und sein Onkel Roger seit 1923 betrieben – und nicht weit von dem Haus, in dem sich 38 Jahre später Millants großer Schüler J. F. Raffin niederlassen sollte.

Streichinstrumente und Bögen von Bernard Millant

Anhand einer Sammlung alter Bögen, die sich im Besitz der Familie befand, entwickelte Bernard Millant sein eigenes Bogenmodell, eine ebenso interessante wie kluge Synthese der Peccatte-Schule, aus er den Stil des Kopfes ableitete, mit dem englischen Bogenbau, repräsentiert durch ein Froschmodell mit Hill-Bahn.

Dass Millant trotz aller Konzentration auf den Bogenbau seine Herkunft nicht vergessen hatte und ein vielseitig begabter Meister geworden war, bewies sein erster großer Erfolg, als er im Jahr 1954 im Quartett-Wettbewerb von Liège (Lüttich) zwei Ehrenurkunden erhielt: die eine für ein Instrumenten-, die andere für ein Bogen-Quartett. Mit einer Goldmedaille in Ascoli Piceno 1959 begann die fruchtbarste und erfolgreichste Zeit in Bernard Millants Laufbahn, in der aus dem gefragten Bogenmacher und Restaurateur auch ein Gutachter wurde, dessen Sachverstand und Urteilsvermögen bis heute internationale Anerkennung erfahren.

Vielleicht ist es Millants kritischem, gutachterlichen Blick zu verdanken, dass er seine Bögen nicht nur mit dem Stempel BERNARD MILLANT PARIS versieht, sondern auch ihr Entstehungsjahr auf der Froschbahn vermerkt – wohl wissend, wie schwierig und komplex die Einschätzung eines unbekannten Bogens sein kann. So machen seine Arbeiten dem Namen Millant bleibende Ehre, die unter professionellen Musikern als erste Wahl gelten, ebenbürtig den großen Meistern des französischen Bogenbaus.

Verena und Loic Le Canu

1989 übergab Bernard Millant sein Unternehmen an Loic Le Canu. Von 1996-2000 entstand, in Zusammenarbeit mit seinem früheren Schüler J.F. Raffin, das epochemachende, zweibändige Werk „L‘Archet“ über den französischen Streichbogenbau, mit dem sich der große Kenner Bernard Millant schon zu Lebzeiten ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. In Loic und Verena Le Canu hat Bernard Millant würdige Nachfolger gefunden. Beide waren in der renommierten Werkstatt von Max Möller in Amsterdam tätig – dieser übrigens wie Millant ein Schüler von Amédée Dieudonné – nachdem sie auf ihren Ausbildungswegen wichtige internationale Werkstätten durchlaufen hatten, darunter auch die von André und René Morizot in Mirecourt, den letzten der berühmten Morizot frères. Im Geiste Bernard Millants, der immer noch regelmäßig in seiner alten Werkstatt anwesend und als Experte tätig ist, führen sie das Haus Le Canu-Millant weiter und pflegen Neubau, Restaurierung, Expertise und Wissenschaft nach dem Beispiel ihres großen Vorgängers.

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