Die Markneukirchener Bogenmacherfamilie Knopf

Die Markneukirchener Bogenmacher der Familie Knopf: ein historischer Überblick und Notizen zu Leben und Werk ihrer wichtigsten Meister.

Die Knopf Bogenbauer

Christian Wilhelm Knopf (1767–1837)

Im Jahr 1767, in dem Christian Wilhelm Knopf – der Stammvater der einflussreichen Bogenmacher-Dynastie Knopf – geboren wurde, befand sich die Region um seine Heimtstadt Markneukirchen bereits mitten in jenem historischen Aufschwung, der den beschaulichen böhmisch-sächsischen „Musikwinkel“ in ein globales Zentrum des Musikinstrumentenbaus transformieren sollte. Diese Entwicklung prägt auch die Biographie Knopfs, und sie schlägt sich nieder in manchem Umweg, den diese große Persönlichkeit des deutschen Kunsthandwerks nehmen musste, bis er zu seiner Berufung als Bogenmacher gelangte. 
Die Ursprünge der Familie Knopf

Dabei war seine Familie zu dieser Zeit schon seit mindestens einer Generation von der ökonomischen Anziehungskraft der neu erblühenden Handwerke und der mit ihnen verbundenen Geschäftsmöglichkeiten erfasst worden: Während die Vorfahren Knopfs überwiegend im Schneiderhandwerk tätig waren (und es ist durchaus möglich, dass der Familienname eine länger bestehende Verbindung seiner Vorfahren mit diesem Berufsfeld widerspiegelt), hatte sich die Familie um die Mitte des 18. Jahrhunderts bereits dem Geigenhandel und der Saitenmacherei zugewandt, mit der auch der junge Christian Wilhelm Knopf einen Teil seines Lebensunterhaltes bestritt. Dass solche Zulieferertätigkeiten nicht über die Maßen einträglich waren, belegt jedoch eindrucksvoll sein zweiter Beruf als Soldat (Musketier), den er noch zu seiner Hochzeit im Jahr 1791 ausübte. Auch das unrühmliche Ende seines Vaters Johann Gottlob Knopf (1732–1786) gewährt einen Blick in die sozialen Verhältnisse der Knopfs in dieser Zeit: Nachdem er auf dem Heimweg aus dem „Bierhauße“ betrunken zu Tode gestürzt war, notiert das Totenbuch, dass er „zeither kein gutes Leben geführt“ habe – ein vieldeutiges Wort, das die Schatten über den Anfängen dieser glanzvollen Familiengeschichte markiert.

Christian Wilhelm Knopf als Bogenmacher

Ob Christian Wilhelm Knopf über seinen Vater zum Bogenmacherhandwerk kam, ist nicht bekannt; zwar gibt es Hinweise, dass auch er sich schon mit dem Bau von Streichbögen befasst hatte, es sind aber keine Arbeiten von seiner Hand überliefert und es ist fraglich, ob er seinen Sohn in dieser Kunst hätte ausbilden können. So bleibt auch im Dunkel der Geschichte, bei wem Christian Wilhelm Knopf in die Lehre gegangen ist und welche Einflüsse er damit aufgenommen hat – eine bedauerliche Lücke angesichts der großen Bedeutung seines Werks für den deutschen und den europäischen Bogenbau. Anhand seiner Arbeiten lässt sich aber erkennen, dass sein Werk von John Dodd (1752–1839) und noch mehr von François Xavier Tourte (1747–1835) inspiriert wurde; Vorbilder, zu denen er wohl dank seines ausgeprägten Talents rasch aufschloss. Von Zeitgenossen als „deutscher Tourte“ gefeiert, hat Christian Wilhelm Knopf tatsächlich die Geschichte des Bogenbaus nachhaltig beeinflusst: durch Innovationen wie die Froschbahn aus Metall, durch Verbesserungen der Schraube, durch seine bis heute äußerst gefragten Arbeiten – und durch die Inspiration und das Wissen, das er an die Nachwelt weitergab, nicht zuletzt durch seine vier Söhne, die alle sein handwerkliches Erbe antraten.

Die zweite Generation der Bogenmacherfamilie Knopf

Christian Wilhelm Knopf jun. (1799–1835), Karl Wilhelm Knopf (1803–1860), Christian Friedrich Wilhelm Knopf I. (1808–1874) und sein gleichnamiger jüngerer Bruder Christian Friedrich Wilhelm Knopf II. (1815–1897) bauten das von ihrem Vater etablierte Geschäft aus und erwarben sich einen guten Ruf mit ihren weiterhin entscheidend von Tourte inspirierten Arbeiten, die dem sich ausdifferenzierenden sächsischen Musikinstrumentenbau eine neue, wichtige Branche hinzufügten. Der Streichbogenbau, dem in Markneukirchen noch 1790 die Gründung einer eigenen Innung verwehrt geblieben war, stieg nicht zuletzt durch ihr Wirken zu einem anerkannten Handwerk auf, dessen beste Meister international beachtete Akzente setzen konnten.

Stammbaum der Bogenmacher Familie Knopf Markneukirchen
Stammbaum der Bogenmacher Familie Knopf Markneukirchen

Hervorragende Meister der dritten Knopf-Generation

Johann Wilhelm Knopf (1835–1915)

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Knopf-Familie das Schneider-Handwerk, die Saitenmacherei und die Not früherer Zeiten längst hinter sich gelassen. Ausgebildet von der Vätergeneration reiften in ihren gut eingeführten Werkstätten Nachfolger heran, die neue künstlerische und geschäftliche Standards zu setzen versprachen. So genoss Johann Wilhelm Knopf, ein Sohn von Karl Wilhelm Knopf, einen ausgezeichneten Ruf, der den Namen seines Großvaters beinahe überstrahlte. Nach der Eröffnung seiner Werkstatt in Dresden 1884 setzte er Marksteine des deutschen Streichbogenbaus, die den Brandstempel „W. KNOPF DRESDEN“ tragen.

Carl Heinrich Knopf (1839–1875)

Einen weiteren Höhepunkt erreichte die familiäre Bogenbautradition der Knopfs im Werk von Carl Heinrich Knopf, ein weiterer Sohn von Karl Wilhelm Knopf, der wie sein Bruder Johann Wilhelm bei seinem Onkel Christian Friedrich Wilhelm Knopf II. ausgebildet worden war. Sein Wanderjahre führten ihn zu keinem Geringeren als Ludwig Bausch in Leipzig, von wo er 1859 nach Markneukirchen zurückkehrte. 1860 übernahm er nach dem Tod seines Vaters die Leitung der Knopf-Werkstatt, die in dieser Zeit namhafte Kunden belieferte, darunter Richard Weichold in Dresden, Ludwig Bausch & Sohn in Leipzig, ja sogar Charles Bruno in New York und Nikolai Kittel in Sankt Petersburg.

Mehrere Auszeichnungen bei nationalen und internationalen Wettbewerben bestätigten den exzellenten Ruf Carl Heinrich Knopfs, der längst als einer der besten Meister seiner Kunst galt und der Musikwelt Arbeiten hinterlassen hat, die mit ihren musikalischen Eigenschaften und ihrer prachtvollen Ausstattung bis in unsere Zeit ihresgleichen suchen. 1868 verlegte er seine Werkstatt nach Dresden und kurz darauf nach Berlin, wo er bis zu seinem frühen Tod im Alter von fast 36 Jahren arbeitete. Neben einer großen Zahl feinster Streichbögen sind auch ca. 30 Geigen von seiner Hand überliefert.

Heinrich „Henry“ Richard Knopf und die vierte Generation der Knopf-Familie

Die Söhne von Carl Heinrich Knopf – Albert Knopf (1863–1884) und Heinrich „Henry“ Richard Knopf (1860–1939) – blieben nach dem Tod ihres Vaters nicht in Deutschland und zogen in die USA. Beide waren talentierte Handwerker, die sich sowohl dem Bogen- als auch dem Geigenbau zuwandten. Hervorragend ausgebildet – zunächst nach familiärer Sitte bei ihrem Vater und seinen Brüdern, worauf Henry seine Kunst bei Otto Bausch in Leipzig und G. Christian Adam, dem Berliner Lehrer Oswald Möckels, vervollkommnete – zogen beide nach 1880 New York, wo Adam jedoch bereits vier Jahre später an Tuberkulose starb. Heinrich „Henry“ Richard Knopf wurde einer der ersten Geigenbauer überhaupt in New York City und etablierte sich überaus erfolgreich im Umfeld des Orchesters der Metropolitan Opera. Von seiner höchst produktiven Hand sind ca. 450 Streichinstrumente und ca. 1.000 Bögen überliefert, von denen letztere den Brandstempel „H. R. KNOPF.NEW YORK“ tragen. Seine späteren Arbeiten im Bogenbau lassen den starken Einfluss von Eugène Sartory erkennen, dessen erster Repräsentant in den USA er wurde, und waren unter bedeutenden Solisten seiner Zeit höchst gefragt.

Mit der Great Depression verschlechterten sich selbst für ein so bekanntes Atelier die Geschäftsbedingungen derart, dass sich Heinrich „Henry“ Richard Knopf im Jahr 1929 entschloss, die Geschichte der Bogenmacherfamilie Knopf nach mehr als 100 Jahren zu beenden. Er verkaufte seine Werkstatt an Rembert Wurlitzer; seine beiden Söhne ergriffen andere Berufe.

Nebenlinien: Weitere Mitglieder der Knopf-Dynastie

Wie Albert und Heinrich „Henry“ Knopf durchliefen weitere Mitglieder der vierten Knopf-Generation und anderer Familienzweige ihre Ausbildung in den familiären Werkstätten ihrer Väter und Onkel, wo sie sich zu erfolgreichen Meistern sowohl im Geigen- als auch im Bogenbau entwickelten:

  • Christian Wilhelm Knopf (1856–1882) war Bogenmacher; der Sohn von Christian Friedrich Wilhelm Knopf II erlitt ein tragisches Schicksal und verbrachte sein Leben großteils in einer Einrichtung für psychisch Kranke.
  • August Ferdinand Muck (1866–1937), ein Sohn von Christian Friedrich Wilhelm Knopf II, erlernte den Bogenbau bei dem gleichnamigen Bruder seines Vaters.
  • August Moritz Knopf (1857–1899) stammt aus einem anderen Zweig der Familie, der auf Johann Georg Knopf jun. (1767–1829), einen Bruder von Christian Wilhelm Knopf zurückgeht. Er gehört zu den bedeutenden Mitgliedern der Familie, arbeitete in Dresden für Richard Weichold, für Louis Lowenthal and für Julius H. Zimmermann in Moskau.

Die „Herrmann-Knopf-Dynastie“ – ein genealogischer Nachtrag

Obwohl mit der Geschäftsaufgabe von Heinrich „Henry“ Richard Knopf die Geschichte der Knopf-Dynastie im Jahr 1929 endet, gibt es dennoch eine Verbindung dieses bedeutenden Kapitels der Musikgeschichte in die Gegenwart. Durch die Heirat von Carolina Wilhelmine Knopf (1832–1917) mit Christian Friedrich Herrmann (1819–96) entstand eine Verbindung dieser beiden großen Markneukirchener Bogenmacherfamilien – deren Erbe in der Werkstatt von Michael Mönnig, einem Ur-Ur-Enkel des Paares, und seines Sohnes Thomas Mönning bis heute fortlebt.