Die E-Geige: Ratgeber zu technischen Standards

Elektrische Geigen: Überblick technischer Standards und Ratgeber für den Kauf einer E-Geige. Wie beurteile ich die Qualität einer E-Geige?

Die E-Geige ist immer noch ein Exot in der Welt der Streichinstrumente, besonders wenn klassische Musiker wie Nigel Kennedy sie zur Hand nehmen. Das doppelte Vorurteil, es handle sich bei diesen Instrumenten um nicht viel mehr als eine technische Spielerei und ihr Einsatz sei eigentlich auf Popularmusik im weiteren Sinne beschränkt, erscheint allerdings unbegründet: Tatsächlich können gute E-Geigen durchaus hohen künstlerischen Ansprüchen genügen und in den verschiedensten Genres, auch und nicht zuletzt im Klassikbereich, Verwendung finden – ganz abgesehen davon, dass E-Geigen in klanglicher Hinsicht spannende künstlerische Möglichkeiten eröffnen.

Übersicht:

Technische Standards der Klangerzeugung bei der E-Geige E-Geige

Voll-elektrische, batteriebetriebene Geigen werden auch als „stumme Violinen“ bezeichnet. Wie klassische Streichinstrumente erzeugen stumme Geigen mechanische Schwingungen, die ein elektro-akustischer Wandler in elektrische Spannungen bzw. Audiosignale umwandelt. Bei diesen Wandlern handelt es sich in aller Regel um piezoelektrische Tonabnehmer (Pick-ups), die zum Beispiel unter dem Steg angebracht werden; über einen Akustikverstärker wird der Klang hörbar gemacht. Im Falle der stummen Violinen kommen normalerweise aktive Pick-ups zum Einsatz, die mit Vorverstärkern und Equalizern versehen sind und somit eine Bearbeitung des Klangs erlauben. Mitunter – speziell bei hochwertigen Modellen – befinden sich diese Elemente und Effektgeräte in einer separaten Kontrollbox. Elektro-akustische Violinen, die auch unverstärkt spielbar sind, arbeiten eher mit passiven Tonabnehmern, die praktisch keine weitere Bearbeitung des Klangs zulassen und leiser, dafür aber auch wärmer klingen. Um in großen Sälen und evtl. im Zusammenspiel mit anderen verstärkten Instrumenten die nötige Lautstärke zu erzielen, empfiehlt sich eine Aktivbox, die Verstärker und Lautsprecher in einem Gehäuse vereint.

Die E-Geige in der Praxis

Neben der Erzeugung größerer Lautstärken und der Möglichkeit zu interessanten Klangexperimenten verfügt die E-Geige auch noch über eine Reihe weiterer Vorteile: Zum einen sind mit E-Geigen Studioaufnahmen viel einfacher durchführbar – nämlich indem sie, ganz ohne Mikrophone, einfach an den Computer angeschlossen werden. Zum anderen ist es natürlich möglich, den Ton ausschließlich über Kopfhörer auszugeben; so kann, ähnlich wie mit Hilfe der stummen Übungsgeige, die klassische Geigenbauer bereits um die vorletzte Jahrhundertwende fertigten, vollkommen lautlos geübt werden.

In der Spielweise unterscheidet sich die viersaitige E-Violine nicht wesentlich von der akustischen Geige und ist somit theoretisch auch für Anfänger geeignet. Für beide kann ein normaler Geigenborgen verwendet werden. Allerdings haben elektrische Geigen unter Umständen ein höheres Gewicht, vor allem wenn der Vorverstärker bereits eingebaut ist. Zudem kann, je nach Form, die Gewichtsverteilung einer E-Geige etwas anders ausfallen als diejenige einer akustischen. In den letzten Jahren hat sich eine bemerkenswerte Formenvielfalt herausgebildet: Da ein Korpus für die Klangerzeugung nicht notwendig ist, wird dieser oft entweder ganz weggelassen oder erfährt eine extravagante Gestaltung. So sind heute E-Geigen in Form eines F-Lochs, eines Dollarzeichens, einer Note oder gar eines Totenkopfes erhältlich. Überdies können sie zusätzlich mit Bünden, zusätzlichen Saiten, Bariton-Saiten oder sonstigen Extras ausgestattet werden.

Qualitätsmerkmale von E-Geigen

Unbedingt zu beachten ist, dass gerade die preisgünstigeren E-Geigen möglicherweise nicht ideal in der Hand liegen oder nicht für die Anbringung von Schulterstützen geeignet sind. In Sachen Praktikabilität können die Qualitätsunterschiede also mitunter beträchtlich sein. Ähnliches gilt für den Ton: Einen wirklich authentischen Geigenklang erzeugen nur hochwertige E-Violinen. Dies sollten besonders Anfänger berücksichtigen, für deren Intonationstraining eine direkte, saubere Klangübertragung besonders wichtig ist.

Ein großer Fortschritt in der Weiterentwicklung von E-Violinen gelang mit der Einführung elektromagnetischer Tonabnehmer für Streichinstrumente. Hier ist, wie bisher nur bei E-Gitarren und E-Bässen üblich, ein sog. Humbucker direkt in das Instrument integriert. Dieser erlaubt eine saubere Tonabnahme ohne Nebengeräusche oder Rückkopplungseffekte – eines der größten Probleme, die sich beim Einsatz von piezoelektrischen Pick-ups ergeben. Nachdem sich schon mehrere Instrumentenbauer an diesem System versucht hatten – unter anderem Leo Fender, der Erfinder der E-Gitarre –, wurde die erste nach diesem Prinzip funktionierende E-Geige erst im Jahr 2011 von dem Münchener Geigenbaumeister Wolfgang Löffler zum Patent angemeldet.

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